Stahlzölle: Nicht so heiß gegessen, wie gekocht

Der Stahlmarkt hat mit etwas Schlimmeren gerechnet: Trumps Stahlzölle sind mit Ausnahmen gespickt und bleiben hinter den großspurigen Ankündigungen zurück. Der Stahlpreis für US-Warmband tritt bei 819 US-Dollar je Short Tonne (907,185 kg) auf der Stelle. Der an der Londoner Metallbörse (LME) gehandelte Betonstahlkontrakt sinkt von 601 Dollar auf 592 Dollar je Tonne, der LME-Stahlschrottkontrakt verliert knapp 3% auf 373 Dollar.

Kanada und Mexiko werden von den US-Einfuhrzöllen in Höhe von 25% ausgenommen. Beide Länder sind die größten Stahllieferanten der USA, da Präsident Obama mit produktspezifischen Zöllen die Stahlimporte aus China wesentlich verringert hatte. Brasilien, dem es wirtschaftlich nicht so gut geht und das ebenfalls ein wichtiger Stahl-Lieferant der USA ist, wird hingegen voll getroffen.

EU-Walzstahlexporteure müssen in 15 Tagen, wenn Trumps-Proklamationen in Kraft treten, einen Zoll von 25% auf ihre Produkte abführen. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer reist derweil nach Brüssel, um EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zu treffen. Aus den Nafta-Nachverhandlungen ist bekannt, dass Lighthizer kaum Kompromisse macht, also ein protektionistischer America-First-Vertreter ist.

"Stahl aus anderen Ländern, der an die neue amerikanische Zollmauer stößt, wird sich vorrangig seinen Weg in Richtung des EU-Marktes suchen, der keine Hindernisse wie Importzölle kennt", warnt die Wirtschaftsvereinigung Stahl. Die EU müsse jetzt umgehend und wirkungsvoll ihre Stahlindustrie schützen.

Wegen den Ausnahmen für Kanada und Mexiko dürften die befürchteten Handelsumlenkungen allerdings nicht so gravierend ausfallen, und so fordert die Stahllobby de facto sich vor Stahl aus Brasilien abzuschotten. Ob das eine kluge Idee ist, bleibt dahingestellt. Die EU verhandelt derzeit mit dem südamerikanischen Staatenbund Mercosur, zu dem Brasilien gehört, ein Freihandelsabkommen.