Stahlpreis Prognose: Preise ruhen, 2025 steigen sie
Der Stahlpreis für Warmbreitband ist seit drei Monaten mit durchschnittlichen Spotpreisen von 625-635 Euro je Tonne gleichbleibend. Betonstahl vergünstige sich von 650 Euro auf 615 Euro. Von Preisanstiegen ab September ausgehend, beginnen Stahlhersteller ihre Verkaufspreise anzuheben. Mit Erfolg?
In den nächsten Monaten werde es nicht zu einem merklichen Anstieg der Stahlpreise kommen. "Ohne nachhaltige Belegung der Industriekonjunktur sehen wir für die Stahl- und Schrottpreise weiterhin eine Seitwärtsbewegung", prognostiziert die Deutsche Industriebank (IKB).
Ein über die klassische Hochofenroute produzierender deutscher Stahlhersteller verkaufe Ende August ausgeliefertes Warmbreitband für 625 Euro, meldet Fastmarkets. Dem stehe ein Hersteller aus Benelux gegenüber, der für im Oktober ausgeliefertes Warmbreitband 660 Euro verlange.
"Das ist die (typische) Taktik der europäischen Stahlwerke. Sie treiben die Angebotspreise nach oben, in der Erwartung, dass der Handel nach der Sommerpause wieder anzieht", erläutert ein deutsche Stahlkäufer.
Pro und Contra
Die Automobilhersteller produzieren weniger. Infolge haben sie bei den Stahlherstellern verringerte Mengen abgerufen. Der liegengebliebene Stahl landet auf dem Spotmarkt. Dadurch steigt das Angebot, der Preis sinkt. Warmbreitband vergünstigte sich im 2. Quartal 2024 von 660 Euro auf 630 Euro.
Bei Langerzeugnissen drückt der schwache Wohnungsbau auf die Preise . "Wohnungsbau vom Turnaround weit entfernt", sagt der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB).
In Deutschland liefen Versuche der Stahlhersteller, die Stahlpreise für Bewehrungen, Walzdraht und Baustahlmatten zu erhöhen, im 2. Quartal 2024 wiederholt ins Leere. In Südeuropa waren die Hersteller hingegen erfolgreich. Italienische Stahlwerke erlösen für Bewehrungen aktuell 680 Euro. Das sind 10% mehr als deutsche Produzenten.
In Frankreich kosten Bewehrung mit 625 Euro etwas mehr als im nordwesteuropäischen Durchschnitt. Dies lässt sich auf die Bauaktivitäten wegen den Olympischen Spielen zurückführen.
Im Tiefbau laufe es vergleichsweise gut. Diese ausgleichende Wirkung des Tiefbaus werde aber bald der Vergangenheit angehören. "Es ist zu befürchten, dass daher nicht nur die Hochbau-, sondern auch die Tiefbauunternehmen Kapazitäten und somit Personal abbauen müssen", warnt HDB-Verbandschef Tim-Oliver Müller.
Entsprechend müssen sich die Hersteller von Baustählen mit Preiserhöhungen weiter gedulden. Abgesehen saisonal Lageraufstockungen nach der Sommerpause, die die Nachfrage nach Bewehrungen und Walzdraht und damit die Stahlpreise vorübergehend erhöhen, könnte es noch bis zum 1. Quartal 2025 dauern, ehe es zu einem substanziellen Anstieg (50-100 €/t) kommt.
"Seit März ist es sehr schlimm geworden. Es gibt keinen Optimismus (auf dem Stahlmarkt)", sagt der Manager eines Stahl-Service-Center dem Branchendienst Platts. "Ich glaube nicht, dass die Preise noch weiter sinken werden", erwartet ein anderes Stahl-Service-Center.
Die EU-Kommission hat mit der Verbreiterung von Schutzklauselmaßnahmen und Importzöllen dazu beigetragen, dass der Warmbandpreis nicht unter 600 Euro je Tonne fällt. Seit 1. Juli 2024 gilt eine neue Quotenregelung, die die von EU-Importeuren gern gekauften Flacherzeugnisse aus Japan, Korea, Taiwan und Vietnam verteuern.
Technische Preiserhöhungen
Stahlhersteller haben die EU-Kommission erfolgreich dazu gedrängt, die Stahlimporte zu verringern. Aktuell versuchen sie daraus Kapital zu schlagen, in dem sie ihre Listenpreise für Auslieferungen im September und Oktober erhöhen.
Höhere Stahlpreise können von stahlverbeitenden Industriefirmen nur akzeptiert werden, wenn sie beginnen, optimistischer in die Zukunft zu blicken. Dafür gibt es derzeit keine Anzeichen:
"Insbesondere der sinkende Auftragsbestand bereitete den (Industrie-) Firmen Sorgen", sagt Clemens Fuest vom ifo-Institut. Er nimmt Bezug auf die Meldungen von 9.000 Unternehmen. In der Umfrage zur Ermittlung des ifo-Geschäftsklimaindex teilen die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage und Erwartungen für die nächsten sechs Monate mit.
Die Beurteilung der Geschäftslage blieb im Juni gleich gegenüber dem Vormonat. Die Geschäftserwartungen trübten sich ein.