Stahlpreis -33%: Ist das die Schmerzgrenze für Hersteller?

08.06.22

Stahlpreis -33%: Ist das die Schmerzgrenze für Hersteller?

Einer unvermindert hohen Stahlmenge fehlen Käufer, und so sinkt der Warmbandpreis auf 950 Euro je Tonne. Die Nachfrageseite schwächelt wegen vollen Lagern der Stahlabnehmer und eingetrübten Geschäftserwartungen. Wann ziehen die Stahlhersteller die Reißleine und verringern die Produktion?

"Es gibt Gerüchte über einige Stahlhersteller, die massive Rabatte gewähren", äußert sich ein Distributor gegenüber Platts. Bei großen Bestellung könne man Warmband für 900 Euro kaufen, berichtet ein anderer Marktteilnehmer. Hintergrund: Die Stahlhersteller wollen ihre Auftragsbücher füllen.

Bislang gibt es seitens der Hersteller keine Neuigkeiten über Produktionskürzungen. Überdies sind die Preise am sinken. Beides führt dazu, dass potenzielle Käufer abwarten, bis sie mehr Klarheit haben.

Wirtschaftslage

Die Wirtschaftslage ist von großer Unsicherheit geprägt. Laut den Konjunkturforschern des Beratungsunternehmens Sentix steckt Deutschland in einem "Abschwung". Der ist bisher nicht so schlimm ausgefallen wie erwartet. Hintergrund: Die Unternehmen konnten stark steigende Kosten an ihre Kunden weitergeben. Das werde laut Sentix allerdings bald enden.

Die Stahlhersteller haben diese Erfahrung bereits gemacht. Dank des Inflations- und Energiekostenanstieg sowie der Lieferkettenproblematik konnten sie im 1. Quartal 2022 spielerisch sehr hohe Stahlpreise durchsetzen. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Der Warmbandbreis sank seit Ende März 2022 von 1.425 Euro auf 950 Euro (-33%).

Linienchart starker Rückgang Stahlpreise 2. Quartal 2022

Die deutsche Industrie hat gemäß neuen Zahlen des Statistischen Bundesamtes ihre Produktion im April leicht gesteigert (+0,7%). Der Auftragseingang sank hingegen recht deutlich (-2,7%). Die Geschäftserwartungen dürften daher weiter schwächeln.

Wie viel Stahl brauchen Automobilindustrie und die von ihre abhängigen Unternehmen in 2. Halbjahr 2022?

Eines ist schon jetzt sicher: Es wird nicht so viel sein, wie man gedacht hatte. Ende 2021 gemachte Prognose, wonach die Chipproblematik bis Mitte 2022 weitgehend gelöst sein wird und die Produktion deutlich anzieht, lassen sich nicht halten.

Die Stahlhersteller fühlen der Autoindustrie gerade auf den Zahn. Die beiden Parteien handeln Mengen und Preisen für die zweite Jahreshälfte aus. Blieben die Stahleinkäufe der Autokäufer schwach, dürfte das der Auslöser sein Hochöfen runterzufahren und den Stahlausstoß zu verringern.

WarmbandStahlpreis1 WocheDatumQuelle
Ruhr950 €-25 €08.06.22Platts
Italien890 €-40 €08.06.22Platts

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