Hat die deutsche Stahlindustrie ihre Hausaufgaben gemacht?

Deutschland und sechs weitere Länder fordern die EU in einem Brandbrief dazu auf, sich vor die Stahlindustrie zu stellen. Die Branche müsse gegen "unfaire Handelspraktiken" geschützt werden, verlangt Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Dass gerade deutsche Stahlkocher die Wurzel allen Übels in China sehen, könnte ein Vorwand sein, um eigene Fehler unter den Teppich zu kehren.


Die EU solle sich gegen den Import günstiger Stahlprodukte wehren. Es geht vor allem um Stahl aus China und Russland, der nur wegen staatlichen Subventionen so günstig auf den europäischen Markt geworden werden könne, sagen Gabriel und die Wirtschaftsminister aus Italien, Großbritannien, Frankreich, Polen, Belgien und Luxemburg.

"Die Europäische Union kann nicht passiv bleiben, wenn wachsende Arbeitsplatzverluste und Schließungen von Stahlwerken zeigen, dass es eine erhebliche und drohende Gefahr eines Zusammenbruchs des europäischen Stahlsektors gibt."

Schreiben der Wirtschaftsminister vom 05.02.16

Deutschlands Branchenverband fordert darüber hinaus, China die Anerkennung als Marktwirtschaft zu verweigern. Denn dann hätte man keine Instrumente mehr, sich vor unfairen Einfuhren zu schützen, erläutert Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Die Stahlkonjunktur in Deutschland befindet sich auf dem absteigenden Ast. Gemäß den neuesten Zahlen der Wirtschaftsvereinigung Stahl lagen die Auftragseingänge im 4. Quartal 2015 um 6% niedriger als im 4. Quartal 2014. Der Auftragsbestand ging sogar um 13% zurück. Erneut wird China zur Verantwortung gezogen. Von chinesischem Importstahl gingen "massive Bremswirkungen" aus.

Dass auch Managementfehler in den Führungsetagen deutscher Stahlkonzerne die prekäre Lage und einen etwaigen Abbau von Arbeitsplätzen mitverursacht haben könnten, bleibt von dem Verband unerwähnt.

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