Stahlpreise und Stahlindustrie in Bedrängnis
Deutsche Stahlproduzenten erlösen für warmgewalzten Stahl (Hot-Rolled Coil, HRC) aktuell 460 Euro je Tonne, meldet der Rohsstoffdienst "Argus". Es gebe schwache Anzeichen, dass sich sich die Nachfrage nach Automobilien erholt. Eine Rezession wird aber aller Voraussicht nicht mehr verhindert werden können. Die Bundesregierung rechnet für das dritte Quartal 2019 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes (BIP), berichtet der "Spiegel". Weil das BIP bereits zwischen April und Juli schrumpfte, befände sich Deutschland dann in einer Rezession."Eine gravierende Krise der deutschen Wirtschaft ist dennoch nicht zu erwarten", zitiert das Magazin aus einer Vorlage des Kanzleramtes. Voraussetzung sei aber, dass die Handelsauseinandersetzungen nicht eskalierten und es nicht zu einem harten Brexit komme. Da sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China gerade dramatisch zuspitzt und es kaum noch Möglichkeiten gibt einen harten Brexit abzuwenden, ist gut möglich, dass die Experten des Kanzleramtes falsch liegen und es eben doch zu einer Wirtschaftskrise kommt.
Letztes Jahr sei auf dem europäischen Stahlmarkt die Stahlnachfrage größer gewesen, als das, was dann tatsächlich über die Ladentheke ging. Dies habe dazu geführt, dass in diesem Jahr wegen "zu hoher Lagerbestände" der Rückgang Stahlpreise recht scharf ausfiel, erläutert "Argus". Der mittlere Stahlpreis für Warmband sank in Deutschland, Frankreich und Benelux in der ersten Jahreshälfte 2019 von 505 Euro auf 464 Euro (Quelle: Steel Benchmarker).
Dass Deutschland künftig wieder deutlich mehr seiner Autos und Maschinen in den USA und China verkaufen wird, ist sehr fraglich. Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt bekriegen sich wirtschaftlich. US-Präsident Trump bezeichnet Chinas Staatschef Xi als Feind. Ferner befehlt er US-Konzernen sich aus China zurückzuziehen und verhängt neue und höhere Strafzölle auf chinesische Waren. Zuvor hatte Peking angekündigt, auf US-Waren im Wert von 75 Milliarden US-Dollar Strafzölle in Höhe von 5-10% zu verhängen und in Richtung Washington gewettert: "Die US-Seite wird den Schmerz spüren."
Thyssenkrupp-Manager geben wieder einmal schlechtes Bild ab
Politik und Stahlindustrie können sich nicht zum Handeln durchringen und warten, bis das Kind in den Brunnen fällt. "Für kurzfristige konjunkturstabilisierende Maßnahmen sehen man keine Anlass", heißt es aus dem Kanzleramt. Keinen Anlass aufeinander zuzugehen und die deutsche Stahlindustrie zukunftsfest zu machen, gab es auch lange bei den Stahlunternehmen. Vor einem Jahr liefen die Geschäfts noch ordentlich. Die Aktienkurse waren recht hoch. Alles schaute auf den geplanten Thyssenkrupp-Tata-Deal.
Die EU-Kommission ließ die Fusion schließlich wegen der Gefahr steigender Stahlpreise platzen. Man verbiete den Zusammenschluss, "um ernsthaften Schaden von europäischen Industriekunden und Verbrauchern abzuwenden", so EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Dienstag in Brüssel. Die Kunden der Stahlindustrie seien auf wettbewerbsfähige Stahlpreise angewiesen, um ihre Erzeugnisse weltweit absetzen zu können, begründet die Dänin. Man darf nicht vergessen, dass während einer Fusionsprüfung viele Signale aus Brüssel kommen. Die wollten die Thyssenkrupp-Manager offenbar nicht hören.
Nun versucht man mit dem Stahlhändler Klöckner & Co. und der Salzgitter AG zusammenzugehen und klagt wegen der geplatzten Tata-Fusion gegen die EU. Konzernchef Guido Kerkhoff gibt auch an anderer Stelle ein schlechtes Bild ab. Kerkhoff habe den Aufsichtsrat mit Blick auf die Aufzugssparte auflaufen lassen, schreibt das "Manager Magazin". Er habe den Eindruck verbreitet, dass ein Teilbörsengang der Aufzugssparte ausreiche. Der würde aber nicht genug Geld bringen. Kerkhoff hatte angepeilt nur 20 bis 30 Prozent des Aufzugszugsgeschäfts an die Börse zu bringen und sich damit, wie so viele seiner Vorgänger, verkalkuliert.