Stahlpreis sinkt auf 1.170 €: Bis hierhin und noch weiter
Es geht Schlag auf Schlag, und so lassen sich einige Stahlhersteller auf einen Verkaufspreis für warmgewalzten Stahl von 1.150 Euro ex-works Ruhr ein. Der mittlere Verkaufspreis war 1.170 Euro am 9. Mai 2022. Der wirtschaftliche Ausblick und die Erwartungen sind so schlecht wie seit 2008 nicht mehr.
"Ich glaube nicht, dass die Stahlhersteller eine Chance haben, die Preise auf dem vorherigen (hohen) Niveau zu halten", zitiert Platts einen Händler.
Stahlhersteller warten bisher vergeblich darauf, dass ihre Kunden die Lagerbestände erhöhen. Zum einen sind die noch gut gefüllt. Zum anderen spielen die Finanzen nicht mit.
Banken sträuben sich die Kreditrahmen zu erhöhen. Wegen des steilen Anstiegs der Stahlpreise im März und April mussten die Käufer tief in die Tasche greifen, um Stahl zu bekommen. Oft wurden dabei die Kreditlinien ausgeschöpft.
Einer Erhöhung der Kreditlinien ohne zusätzliche Sicherheiten dürften die Banken nicht mitmachen. Dafür ist die Lage zu unsicher und der wirtschaftliche Ausblick zu schlecht. Bosch-Chef Stefan Hartung warnte gerade von einer "großen Rezession in der Entstehung."
Der Blick auf die äußerst schwachen Konjunkturerwartungen für Deutschland zeige "die ganze Dramatik", heißt es im neuen Sentix-Konjunkturreport. Die Erwartungen an die wirtschaftliche Entwicklung seien so schlecht, dass sie sogar den Einbruch von 2008 in den Schatten stellten.
Zwar sind die Einkaufsmanager-Indizes (PMI) weiterhin über der Schwelle von 50 Zählern, was eine wirtschaftliche Expansion anzeigt. Allerdings beruht das wohl auf einem Sondereffekt.
Auf dem falschen Fuss
Laut Hartung hält die während der Covid-Pandemie aufgestaute Konsumnachfrage, die sich aktuell entlädt, die Gesamtwirtschaft über Wasser. Wenn dieser Einmaleffekt in der zweiten Jahreshälfte verpufft, könnte die Wirtschaftsleistung mindestens zwei Quartale hintereinander schrumpfen (Rezession).
Spätestens jetzt müssten Stahl verarbeitende Unternehmen wegen fehlenden Aufträgen von ihren hohen Lagerbeständen runter. Die bis an den Rand gefüllten Lager erinnern an 2008. Damals sind weite Teile der deutschen Wirtschaft mit sehr hohen Kapazitäten schnurstracks in eine tiefe Rezession gerannt.
Es gibt eine weitere Parallele: Mitte 2008 erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) wegen Inflationsgefahren (der Ölpreis war damals auf 150 Dollar je Fass hochgeschossen) den Leitzins. 2022 ist die Inflation völlig aus dem Ruder gelaufen. Die EZB wird wohl im Juli den Leitzins anheben und könnte damit eine Rezession wie vor 14 Jahren einläuten.