Ausblick: So geht's mit dem Warmbandpreis weiter

27.09.22

Ausblick: So geht's mit dem Warmbandpreis weiter

Das Kalkül, mit dem Stilllegen von Hochöfen das Stahlangebot zu verknappen und die Lieferzeiten zu verlängern, so dass Distributoren ungeduldig werden und Stahl ordern, geht bislang nicht auf. Der Stahlpreis für Warmband steuert bei 735 Euro je Tonne liegend auf neue Jahrestiefstände zu.

"Die Stahlwerke haben die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, aber die Produktionsmengen sind noch nicht im Gleichgewicht mit der geringen Nachfrage", sagt ein niederländischer Stahlkäufer zu Kallanish. "Produktionskürzungen führen zu längeren Lieferzeiten. Dann werden die Händler nervös."

In Europa war die Rohstahlproduktion mit 13,3 Millionen Tonnen im August 2022 um 14,8% niedriger als im August 2021, meldet Worldsteel. Die in Deutschland ansässigen Stahlhersteller gingen hingegen lediglich 2,3% auf 2,9 Millionen Tonnen runter, zeigt eine Erhebung der Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Die deutsche Automobilindustrie sei weiterhin vom Halbleitermangel beeinträchtigt, behauptet Platts. Tatsächlich dürfte die schwache Stahlnachfrage der Autobauer strukturell bedingt und daher längerfristiger Natur sein.

Der ifo-Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende Gewerbe, in dem jede Menge Autoindustrie steckt, bestätigt diesen Verdacht. Die Stimmung in den Chefetagen ist so pessimistisch wie das letzte Mal im April 2020. Überdies habe der Index für das Bauhauptgewerbe "merklich nachgegeben", teilt ifo-Präsident Clemens Fuest mit.

Zum Thema: Aktuelle Betonstahlpreise je Tonne (1.000 kg)

Wettbewerbsfähigkeit geht flöten

Wegen galoppierenden Erzeugerpreisen verringert sich die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. In Deutschland stiegen die Erzeugerpreise im August mit einer Jahresrate von 46%. Das war laut Statistischem Bundesamt so viel wie noch nie seit der ersten Erhebung im Jahr 1949.

"Die Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone verringert sich rapide – ein Terms-of-Trade-Schock, der die Wirtschaft weiter schädigen wird", warnt Deutsche-Bank-Ökonom George Saravelos. In die gleiche Kerbe schlägt BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Viele Unternehmen erwägten ihre Produktion in andere Länder zu verlagern, sagt er.

Am 24. August 2022 fiel der Spotpreis für Warmband auf 700 Euro frei Werk Ruhr. Dieses Preisniveau könnte erneut angesteuert werden, sollte die Distributoren ihre Lagerbestände bei längeren Lieferzeiten entgegen den Erwartungen nicht aufstocken.

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