Stahlpreis in Abwärtsspirale - kein Boden in Sicht

19.10.22

Stahlpreis in Abwärtsspirale - kein Boden in Sicht

850 Euro je Tonne sollten es sein für im November ausgelieferten warm gewalzten Stahl (Hot-Rolled Coil). Stattdessen muss sich ArcelorMittal mit einem Warmbandpreis von 660 Euro (2-Jahrestief) begnügen.

Niemand dürfte bei den Stahlherstellern davon ausgegangen sein, dass es so furios weitergeht wie im Frühjahr. Zwischen März und Mai haben sie aufgrund des steilen Anstiegs der Stahlpreise und Hamsterkäufen ihrer Kunden ausgezeichnet verdient.

Nun herrscht Katerstimmung: ArcelorMittal droht der Politik Stahlstandorte nach Kanada zu verlagern. Jetzt sei es an der Politik, die negativen Folgen der Strom- und Gaskrise für die Stahlbranche abzufedern, fordert Europas größter Stahlhersteller.

"Der Preisverfall hat tatsächlich die Käufer verunsichert. Es gibt fehlende Klarheit und Urteilskraft, wo die Preisuntergrenze sein sollte", zitiert Fastmarkets einen deutschen Stahlhändler.

Auf dem falschen Fuss erwischt

Der Warmbandpreis sank von 1.460 Euro am 21. März auf 660 Euro am 17. Oktober. Dieser Rückfall dürfte selbst sehr pessimistische Ausblicke der Stahlhersteller in den Schatten gestellt haben.

ArcelorMittal, Thyssenkrupp oder Salzgitter sind so lange im Geschäft, dass sie über die Lagerbestände ihrer Kunden und deren wirtschaftliche Situation eigentlich genau Bescheid wissen müssten.

Jedoch ist die herzkranke deutsche Autoindustrie nicht auf ihren Radarschirmen aufgetaucht. Man hat ganz offenbar verkannt, dass es bereits vor dem Halbleitermangel massive Probleme in der Branche gegeben hatte.

Weil die Produktion nicht rechtzeitig gesenkt wurde, ist die Stahlpreisentwicklung in einer Abwärtsspirale. Potenzielle Käufer kaufen jetzt erst recht nicht, weil sie davon ausgehen müssen, dass die Tiefs noch nicht drin sind.

Der Niedergang der Aktienkurse legt nahe: Stahlhersteller haben mehr Vertrauen verloren, als durch die Folgen des Ukraine-Kriegs erforderlich war. Aktien von Thyssenkrupp stürzten dieses Jahr 47% ab. Salzgitter-Papiere brachen 30% ein.

🔗 ArcelorMittal raises European flat steel offers, Argus, 26.08.2022