Wie geht es mit den Stahlpreisen weiter?
Nachdem der Stahlpreis für warmgewalzten Stahl im März bei 1.460 Euro je Tonne gipfelt, kommt es zum tiefen Fall auf 630 Euro. Ist die Talsohle damit erreicht? Gut möglich. Die Stahlschwemme baut sich langsam an. Konjunktur und Erzeugerpreise stabilisieren sich. Es besteht keine Notwendigkeit, dass Angebot und Nachfrage ein neues Gleichgeweicht unter 600 Euro bilden. Bei Langerzeugnissen wie Betonstahl sieht es anders aus.
Wegen den hohen Produktionskosten gebe es kein Platz für weitere Preissenkungen, pochen die Stahlhersteller. "Aber die Käufer zeigten sich vorsichtig", berichtet Fastmarkets. Sie warteten auf eine Bodenbildung. Der aktuelle Spotpreis für Warmband liegt bei 630 Euro.
Die Lagerbestände großer Zwischenabnehmer und Stahl-Service-Center sind laut Fastmarkets nach wie vor "ziemlich hoch." Ebenfalls hoch ist der Konjunkturpessimismus. Die Rezession wird aber nicht so schlimm. Die Gaspreise sind um 65% niedriger als im Sommer. Überdies sind die Gasspeicher voll. Selbiges gilt für die Auftragsbücher der deutschen Industrie.
Die Unternehmen konnten bisher ihre Aufträge aus Mangel an Vorprodukten und den daraus resultierenden hohen Bezugspreisen kaum abbauen. Plötzlich ist Besserung in Sicht. Die Erzeugerpreise sanken im Oktober um 4,2% gegenüber September. Das war der erste Rückgang seit zweieinhalb Jahren.
"Die Stahlpreise dürften erst im Q1 2023 Potenzial nach oben haben", erwartet die Deutsche Industriebank. Bei den Stahlschrottpreisen sehe man bis Jahresende eine Seitwärtsbewegung.
Stahlhersteller warten, dass der Stein mit den ersten größeren Bestellungen für Anfang 2023 ins Rollen kommt, nachdem sie die Erzeugung warmgewalzter Erzeugnisse zuletzt noch einmal deutlich drosselten. Mit 2,65 Millionen Tonnen lag die Produktion im Oktober 2022 um 13% niedriger als im Oktober 2021, zeigen Zahlen der Wirtschaftsvereinigung Stahl.
Langstahl
Die Entwicklung des Betonstahlpreises hinkt der des konjunkturzyklischen Warmbandpreises hinterher. Sie gipfelte im April bei 1.330 Euro. Aktuell liegt der für Nordeuropa ermittelte Spotpreis bei 808 Euro. Tendenz sinkend. Einige Langstahlhersteller schimpfen wie Rohrspatzen über die aus ihrer Sicht zu tiefen Preise.
"Der Neubaubereich wird einen gravierenden Einbruch wie noch nie erleben", warnt Bauunternehmer und Handwerkskammerpräsident Ulrich Bopp in der Deutschen Handwerks Zeitung. "Hersteller und Lieferanten werden sich die Zeiten vor den Preiserhöhungen zurück wünschen."
"Als das Stahlwerk in Mariupol in der Ukraine zerbombt wurde, ging der Stahlpreis noch einmal hoch."
Vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs war der mittlere Betonstahlpreis für Nordeuropa (traditionell niedriger als der deutsche) bei 840 Euro.
Man muss damit rechnen, dass der Betonstahlpreis weiter fällt, als sich die Lage auf dem Bau nicht so schnell bessern dürfte. Warmband sank 31% unter das Preisniveau von Jahresanfang bei 910 Euro. Für den Betonstahlpreis würde das ein Absacken auf 580-600 Euro bedeuten.