Wie schnell steigen die Stahlpreise im 2. Halbjahr 2023?
Nordeuropäisches Warmbreitband kostete 670 Euro je Tonne per 28. Juni 2023. Das waren 10 Euro weniger als in der Vorwoche und 85 Euro (-11%) weniger gegenüber dem Vormonat. Autohersteller zahlen nicht 670 Euro, sondern 800 Euro. Darauf muss sich auch die weniger gewichtige Unternehmenskundschaft der Stahlhersteller einstellen.
Der an der Londoner Metallbörse (LME) gehandelte nordwesteuropäische Warmbandkontrakt blieb seit Wochenbeginn zwar unverändert bei 710 US-Dollar (650 Euro). Aber auch hier ist die monatliche Entwicklung mit einem Minus von 10% abwärtsgerichtet.
2. Halbjahr
Im 2. Halbjahr zeigt die Entwicklung der Stahlpreise wegen höheren Bezugspreisen für Eisenerz, Kohle und Stahlschrott nach oben. Im 1. Halbjahr mussten Stahlhersteller für den Rohstoffkorb im Schnitt 430 US-Dollar je Tonne bezahlen. Im 2. Halbjahr 2022 waren es laut Argus 380 Dollar.
Ihre materialbedingt gestiegenen Herstellkosten haben Stahlhersteller in den Verhandlungen mit der Automobilindustrie geltend gemacht. Die beiden Parteien einigten sich nun auf einen um 130 Euro über dem aktuellen Spotpreis liegenden Verkaufspreis. Demnach werden Autohersteller und große Zulieferer im 2. Halbjahr 800 Euro für Warmband bezahlen.
Für die über die klassische Hochofenroute produzierenden Stahlhersteller ist der in den letzten zehn Monaten von 340 Euro auf 35 Euro je Megawattstunde (MWh) eingebrochene Erdgaspreis von untergeordneter Relevanz. Beim Schmelzen von Eisenerz entsteht Gichtgas, welches als Heizgas weitergenutzt wird. Einige Stahlhersteller müssen allerdings Erdgas kaufen, um ihre Walzwerke zu betreiben.
Ausblick
Die sich abzeichnende Trendwende hin zu höheren Stahlpreisen erinnert an letzten Herbst. Auch damals wurde ein Boden gesucht und schließlich Ende November/Anfang Dezember bei 600-610 Euro gefunden. Dieser Prozess zog sich anderthalb Monate in die Länge.
Stahlhersteller beabsichtigen durch eine Verknappung des Angebots die Stahlpreise hoch zu bekommen. Stahlabnehmer versuchen das hinauszuzögern. Sie werden aber nicht verhindern können, dass Angebot und Nachfrage spätestens nach den Sommerferien zu höheren Stahlpreisen ein neues Gleichgewicht finden.