Stahl Entwicklung / Stahlpreis Prognose: Deutschland schwach

Einkäufer aus dem Baugewerbe und der Metallindustrie lassen Vorsicht walten, und so sind die Stahlpreise für Betonstahl und Warmband mit 635 Euro je Tonne identisch. "Die Nachfrage aus allen Endverarbeitungssegmenten ist schwach", sagt ein deutscher Distributor zu Platts.

Fusionierte Liniencharts Stahlpreisentwicklungen Betonstahl und Warmband

Ein Anstieg der Stahlpreisentwicklungen für Baustähle kommt nicht in Frage. Der Abwärtstrend der deutschen Bauwirtschaft halte an, steht im aktuellen Bericht zum Einkaufsmanagerindex (PMI), den S&P Global und die Hamburg Commercial Bank (HCOB) monatlich veröffentlichen. 

Der Betonstahlhersteller Feralpi teilt diese Einschätzung. Einen Aufschwung im deutschen Baugewerbe einzuleiten, werde schwierig, sagt Deutschland-Chef Uwe Reinecke zu Kallanish. Mittelgroße Baufirmen und Zulieferer hätten ihre Belegschaften verkleinert.

Betonstahl aus deutschen Elektrohochöfen ist für 635 Euro je Tonne inklusive Lieferung verfügbar. Auf weniger können und wollen sich die Hersteller nicht einlassen. Zwar sind die Strompreise niedriger als im Vorjahr. Allerdings sind die Stahlschrottpreise trotz schwacher Konjunktur recht hoch geblieben.

Die Schrottpreisentwicklung ist leicht aufwärtsgerichtet. Der Stahlneuschrottpreis stieg im Mai 2024 den zweiten Monat in Folge auf neu 349,60 Euro je Tonne. Seit dem Tief im August 2023 bei bei 302,40 Euro verteuerte sich Stahlschrott im 16%.

Diagramm Stahlschrottpreis Entwicklung Januar 2018 bis Mai 2024...>

Betonstahl hatte im August 2023 im nordeuropäischen Durchschnitt 590 Euro je Tonne gekostet. Aktuell sind es 640-650 Euro (+7,6%).

Flacherzeugnisse

Der Versuch einer Trendwende hin zu höheren Stahlpreisen für Flacherzeugnisse ist ins Leere gelaufen. Der Spotpreis für Warmband stieg zwischen 26. April und 7. Mai 2024 um 15 Euro auf 640 Euro. Per 16./17. Mai waren es 630/635 Euro. Die von Steel Benchmarker ermittelte Stahlpreisentwicklung für Warmband (Westeuropa) pendelte in den letzten vier Wochen in einer Spanne von 619-635 Euro.

Die Funktionstüchtigkeit des Stahlmarktes ist eingeschränkt. Selbst wenn die Stahlhersteller ihre Verkaufspreise absenkten, würde das nicht dazu führen, dass sie mehr Bestellungen bekämen, so ein Distributor.

Anstatt einer von links oben nach rechts unten verlaufenden Nachfragekurve hat man also eine vertikale. Die Nachfragemenge für Flacherzeugnisse ist immer gleich, unabhängig davon, ob der Stahlpreis bei 625 Euro oder 640 Euro ist.

Damit die Nachfrage steigt, braucht es einen Impuls aus dem Verarbeitenden Gewerbe. Deutschland liegt mit einem PMI von 42,5 Punkten abgeschlagen zurück. Frankreichs Industrie kommt auf 45,3 Zähler. Großbritannien kratzt sogar mit 49,1 Punkten an der bei 50 Zählern beginnenden Wachstumsschwelle.

Deutschlands Industrie wird die Talsohle auch im Mai nicht verlassen. Experten rechnen mit einem PMI von 43,2 Punkten. Das dürfte nicht ausreichen, um die Einkäufer metallveratbeitender Unternehmen zu mehr Bestellungen von Stahlprodukten zu veranlassen.